30 Jahre Dan-Träger

Für die Rubrik „Wir sind der KCS“ in den KCS-News
Portrait von Klaus Mergel (30 Jahre DAN-Träger)

Hier das vollständige Interview, welches aus Platzgründen in der KCS-News gekürzt wurde.

Wie bist du zum Karate gekommen?

In Seelze fand eine Karate-Vorführung statt und im Anschluss wurde bekannt gegeben, dass demnächst in Seelze ein Karate-Training angeboten wird. Unterstützt wurden die Initiatoren vom Karate-Club Hannover e.V. .

Wann war das? (im Alter von ...)

Das war im Sommer 1974 und ich war damals gerade 13 Jahre alt. Aus meiner Klasse gingen damals fast alle Jungen zur ersten Trainingseinheit.

Hattest du ein Vorbild bzw. Idol?

Zur damaligen Zeit hatte ich kein richtiges Vorbild, da ich die einschlägigen Karate-Kinofilme noch nicht sehen durfte. Wenn sich aber Erwachsene über Karate unterhielt ( Mit Schirm, Charme und Melone lief im Fernsehen ) war da etwas geheimnisvolles, was mich neugierig machte.

Gab es vor dem Karate noch andere Sportarten für dich?

Vor dem Karate habe ich einige Sportarten bei Letter 05 ausprobiert. Ich habe Handball probiert und Fußball ein paar Jahre gespielt. Mein Einsatz in der Verteidigung in der 2. und 3.Mannschaft, sagt einiges über mein Talent aus ! Die letzten zwei Jahre vor dem Karate hatte ich keinen Sport gemacht.

Wer war dein erster Trainer?

Meine ersten Trainer waren B. Hasselbrink und U. Lindenblatt, zwei Karateka vom KC Hannover, die die Trainingsgruppe in Seelze ins Leben gerufen haben. Zu Anfang hatten sie den Gelb-Gurt, machten aber kurz darauf den Orange-Gurt.

Wie sah die erste Trainingseinheit aus und wie ging es dir danach?

Das Training bestand zu sehr großen Teilen aus Gymnastik und Kräftigungsübungen. Nach der ersten Trainingseinheit war ich sehr stolz auf mich, dass ich so gut durchgehalten hatte. Am nächsten Morgen konnte ich vor Muskelkater aber fast nicht aus dem Bett kommen. Dieses schreckte mich aber nicht ab, im Gegenteil es weckte dem Ehrgeiz, dieses Training ohne Muskelkater zu überstehen.

Das weitere Training war sehr auf die körperliche Ertüchtigung ausgelegt, wir trafen uns z.B. sonntags zum Laufen auf dem Trimmpfad am Blauen See. Wer wirklich hart sein wollte, lief natürlich bei Wind und Wetter barfuss.

Welche Trainer folgten?

Nachdem die Vereinsgründer den Verein verlassen hatten, holten wir uns wieder Trainer vom KC Hannover, erst waren es Blaugurte, später sogar Dan-Träger, die einmal in der Woche bei uns das Training leiteten. Nach gut 4 Jahren trat Im Bak in unser Vereinsleben und wurde unser alleiniger Cheftrainer. Wir wechselten daraufhin die Stilrichtung von Shotokan zu Goju-Ryu Karate-Do.

Wie groß war/en die Gruppe/n damals?

Wie noch heute, gaben wir regelmäßig neuen Sportlern die Chance bei Einführungslehrgängen den Verein und das Karate kennen zu lernen. Kinderkarate gab es damals bei uns noch nicht und die Gruppen hatten zu Beginn nicht selten 50 und mehr Teilnehmer.

Wie oft hast du in den ersten Jahren pro Woche trainiert?

Als neuer Verein mussten wir uns zu Anfang Hallen- und Trainingszeiten „erkämpfen“. Die damals neue Halle am GBG erleichterte uns dieses und wir hatten nach 3 Jahren schon an 4 Tagen in der Woche Training und nach 5 Jahren waren wir bei der 5 Tage Woche. Da Karate oder mittlerweile der Karate-Club Seelze mein einziges Hobby war, war ich auch oft 5 mal in der Woche beim Training.

Wo lag dein Trainingsschwerpunkt, eher bei Kata oder Kumite?

Der Trainingsschwerpunkt lag zu Anfang ganz klar beim Kumite. Kata ( hier auch nur der Ablauf ) brauchte man nur für die Prüfung, aber ansonsten bestand Karate damals für uns aus Kumite.

Hast du an Wettkämpfen teilgenommen?

Vom ersten Vergleichskampf des KC Seelze 1976 gegen Shotokan Goslar bis zur VM 2001 habe ich an Turnieren teilgenommen ( Kata zum Warmmachen, Kumite ernsthaft ).

Die schönsten Erinnerungen habe ich an Mannschaftskämpfe beim Deutschen Goju-Ryu Cup (1985 und1986 Vize-Meister ). Mein „größter“ sportlicher Erfolg war bei der gleichen Veranstaltung ein Sieg 1991 in Seelze.

Wer ist neben dir aus den Anfangsjahren noch aktiv dabei?

Die ersten Jahre habe ich viel mit meinem damaligen Schulfreund Uwe Hanke trainiert. Später war mein Bruder Peter ein ständiger Wegbegleiter beim Training und im Vorstand. Aus relativ früher Zeit möchte ich hier auch noch Martin Pietsch und Torsten „Tutti“ Tews nennen.

Weiter ist aus dieser Zeit noch Wilfried Nickel mit dabei und ich freue mich sehr, dass wir uns in letzter Zeit auch wieder öfter beim Training sehen.

Einige weitere Wegbegleiter aus alten Zeiten wurden von Wilfried für das Jukuren-Training wieder aktiviert, was mich ebenfalls sehr gefreut hat.

Wie war das Training im Vergleich zu heute?

Das Training war ganz auf das Sport-Karate ausgerichtet und auf den sportlichen Erfolg. Der Gyaku-Tsuki wurde trainiert, bis die Bewegung reflexartig kam, was auch heute noch in uns steckt. Selbstverteidigung oder Kata-Bunkai war kein Thema. Bewegungsabläufe in der Kata wurden auch nicht hinterfragt, sie wurden einfach gemacht und zum Teil waren sie auch auf das Auge der Kampfrichter und Zuschauer zugeschnitten.

Getrieben von unserem Cheftrainer erreichten wir regelmäßig körperliche Grenzbereiche in Punkto Kraft und Ausdauer. Der Zusammenhalt innerhalb des Vereins war damals auch schon sehr hoch und seit damals schwebt der Spruch :“Schweiß verbindet!“ in meinem Kopf.

Wann hast du dein erstes Training selbst (und für wen) gegeben?

Der sozusagen nullte  Einführungslehrgang, gleichbedeutend mit den späteren Vereinsgründern, war natürlich auch früh gefordert das Training für bei den kommenden Einführungslehrgängen zu übernehmen. Meine ersten Erfahrungen als Trainer sammelte ich 1976/77 als damals 15 jähriger.

Ende 1977 begannen Peter, Wilfried, Uwe und ich unsere Fachübungsleiterausbildung. Dieser Lehrgang war der erste, welcher, von der neu gegründeten Niedersächsischen Karate Union, ausgeschrieben wurde. Wir waren in den ersten Jahren sehr aktiv, was das Besuchen von Lehrgängen angeht. Über diesen Weg holten wir Wissen in den Verein, ein Weg den wir heute noch gehen.

Wer hat deine Kyu-Prüfungen abgenommen? (Wo und wann?)

Die ersten beiden Vereinsprüfungen legten wir in der „Sektion Karate des Deutschen Judobundes“ ab. Christian Richter war der Prüfer, er kam aus Hannover und war uns vorher nicht bekannt. Es gab damals 5 Kyu-Grade (gelb, orange, grün, blau und braun ).

Die erste Prüfung war mehr als ein Jahr nach der Vereinsgründung, am 31.10.1975.  13 Prüflinge bestanden zum gelben Gürtel, Uwe Hanke übersprang diesen auf Grund seiner guten Leistung und erhielt gleich den orangen Gürtel. Neben Peter und Wilfried war auch Klaus-Dieter Wendt bei der ersten Prüfung erfolgreich.

Bei der 2.Prüfung am 20.3.1976 bestanden 19 Prüflinge zum gelben, 10 zum orangen und einer zum grünen Gürtel. Dem Verein sind heute noch Claudia Nickel, Andreas Norkus und Ulrich Koch verbunden.

Danach traten wir der neu gegründeten Niedersächsischen Karate Union bei und es folgten Vereinsprüfungen am 1.4.1977, 8.11.1977 und 19.7.1978 mit Volker Föllmer als Prüfer.

Was waren die Zulassungs-Voraussetzungen für Kyu- und Dan-Prüfungen?

Es gab damals wie heute ein verbindliches Prüfungsprogramm, in dem auch die Mindestwartezeiten festgeschrieben waren. Da wir keine eigenen Prüfer im Verein hatten, mussten externe Prüfer eingeladen und bezahlt werden. Damals mussten auch noch Prüfungen zu Schülergraden beim Landesverband angemeldet werden.

Das Prüfungsprogramm bestand aus 3 Blöcken: Kihon, Kata und Kumite. Kommt einem irgendwie bekannt vor, oder ?

Um an einer Dan-Prüfung teilnehmen zu können, musste man die Zulassung bei einem Dan-Vorbereitungslehrgang erlangen und mindestens 18 Jahre alt sein. Die Wartezeit zwischen 1. Kyu und 1.Dan war wie heute ein Jahr. Die Prüfungen fanden unter der Regie des Landesverbandes statt. Die Prüfungskommission bestand damals wie heute aus 3 A-Prüfer.

Wann hast du deine Dan-Prüfung abgelegt? (im Alter von ...)

Was waren die Prüfungsinhalte?

Der schwarze Gürtel war schon von Anfang an ein magisches Ziel für mich. Nachdem ich den ersten Kyu bestanden hatte, wollte ich mit Uwe Hanke zusammen den Dan in Angriff nehmen. Leider orientierte Uwe sich in dieser Zeit anders. Mein Ziel blieb und ich hatte auch nicht vor davon abzugehen. Es traf sich gut, dass seit Anfang 1979 Im Bak regelmäßig als Gasttrainer bei uns vorbeischaute, was Ende 1979 zum Wechsel der Stilrichtung führte. Diese Phase fiel genau in den von mir angestrebten Zeitraum für meine Dan-Prüfung ( ich war immerhin schon ein halbes Jahr 18 ! ). Beim Goju-Ryu standen wir ablaufmäßig gerade bei Kata Saifa, wobei wir die Gekki-Sai Ni ausgelassen hatten. So wurde  die Kata Saifa meine „Meister-Kata“ und bis heute meine „Lieblings-Kata“. Mit der Unterstützung von Im Bak und seiner Zulassung als Prüfer fuhr ich am 18.11.1979 nach Wolfsburg und legte meine Prüfung zum ersten Dan ab. Mein Prüfungsprogramm bestand aus Kihon ( Shotokan-Programm mit diversen Tobi-Geri und Goju-Ryu-Bahnen nach Vorstellung von Im Bak ), der Kata Saifa und sportlichen Kumite-Übungen.

Wer waren die nächsten Dan-Träger im Verein ?

Am 29.11.1981 bestanden Peter Mergel und Volker Bohlscheid zum ersten Dan und am 30.10.1982 legten Wilfried Nickel und Ulrich Koch nach. Am 9.3.1985 folgte Sven-Uwe Schlätel.

Wie hat sich dein Karateleben seit dem weiterentwickelt?

Bis 1987 fuhren wir auf unserer Schiene mit Chef-Trainer Im Bak als Lokomotive weiter und wir waren ein erfolgreicher Verein. Über den Goju-Ryu Bundeskader und die Goju-Ryu Pokale knüpften wir Kontakte zu anderen Vereinen, die wir nach 1987 verstärkten, da Im Bak uns verlies und nach Japan zurückkehrte. Eine seiner letzten Aktionen bei uns war die erste Dan-Prüfung in Seelze, mit den Prüfern T. Funasako, K.Ogawa und Im Bak, am 20.09.1987.

Damals legten unter anderem Peter, Wilfried, Ulrich, Sven und ich die Prüfung zum zweiten Dan ab. Zum ersten Dan bestand damals Martin Pietsch.

1988 fusionierten die DKU und der DKB zum DKV, der damit auch unsere Heimat wurde, genau wie der GKD für unsere Stilrichtung.

1989 nahmen wir zum ersten mal am Internationalen Sommerlehrgang in Kamen teil ( war auch der erste seiner Art und ist seitdem alljährlich für uns eine Reise wert ). Die Karate-Welt die sich uns hier auftat, hat sich sehr nachhaltig auf unser Karate ausgewirkt. Durch die dort vermittelten Inhalte bekamen wir zum ersten Mal einen Einblick in das traditionelle Karate. Die Kontakte zu den Meistern die wir hier kennen und schätzen gelernt haben, prägen und begleiten uns noch heute.

Als Freunde und Wegbegleiter seit dieser Zeit möchte ich hier Fritz Nöpel und Eddy de Vos nennen.

Die Trainingsausrichtung unterlag seitdem einigen Schwankungen. Von 100% Sport-Karate gingen wir auf gefühlte 100% Kata und Kata-Bunkai und langsam suchte sich danach das Sportkarate und hier besonders das Kumite wieder den Weg aus der Vergessenheit.

Heute versuchen wir Mitglieder mit einem attraktiven Sportprogramm an den Verein zu binden, in der Hoffnung dass einige davon vom Kampfsport zur Kampfkunst geführt werden können. Dieser Weg war in den letzten Jahren spannend und in meinen Augen durchaus erfolgreich.

Hast du ein Motto / Weisheit für dein Karateleben?

Ich habe mir in den Jahren viele Gedanke gemacht oder übernommen. Ob es Weisheiten sind, müssen andere beurteilen, aber sie haben mir geholfen ein Mensch zu werden, der von sich behauptet :“Wenn ich mein Leben noch einmal leben könnte, würde ich es genau so wieder machen!“

Hier eine kleine Auswahl meiner Gedanken und Lieblingssprüche :

Alle Menschen sind unterschiedlich, jeder muss seinen eigenen Weg zum/im Karate-Do finden.

Wer nicht mehr versucht besser zu werden, hat aufgehört gut zu sein.

Verantwortung fordert Engagement, Engagement fordert Achtung. Habe keine Achtung vor einem Posten oder Titel, habe Achtung vor dem Tun.

Jeder Lehrer sollte versuchen, dass sein Schüler besser wird als er selbst.

Wann hörst du mit dem Karate auf?

Zum Glück bin ich von größeren gesundheitlichen Beeinträchtigungen verschont worden, obwohl ich schon manchmal den Zahn der Zeit spüre.

Da ich immer noch neugierig bin, wo der Weg im Karate-Do hinführt und da ich mehr als stolz bin. zu der Gemeinschaft im Karate-Club Seelze dazu zu gehören, sehe oder plane ich kein Ende. Mein Ziel ist auf jeden Fall, kein Geheimnis mit ins Grab zu nehmen, aber jede Menge Wissen.

Gebührt jemanden ein besonderer Dank ?

Mein Dank gilt meiner Familie und hier ganz besonders meiner Frau Elke, die es mir ermöglicht diesen Weg zu gehen.Ich weiß, dass es nicht immer leicht ist, aber ohne das Karate-Do wäre ich mit Sicherheit ein Anderer.