Karate-Club Seelze veranstaltet Jubiläums-Lehrgang für Kinder und Jugendliche
„Lass mich los!“ schreit der kleine Michael. Zwei Tritte gegen das Bein des Mannes, schon reißt sich der sonst eher schüchterne Blondschopf los und rennt davon. Die Einheiten zur Selbstbehauptung gehörten für viele der rund 60 Kinder und Jugendlichen zu den Höhepunkten des Jubiläumslehrgangs, den der Karate-Club Seelze am Sonnabend in der Sporthalle des Georg-Büchner-Gymnasiums veranstaltete.
Voller Einsatz von Körper und Geist
„Karate ist Kampf“, betonte auch Türk Kiziltoprak, Landestrainer des niedersächsischen Talentkaders. Er unterrichtete die Kinder und Jugendlichen im Formenlauf Kata. „Selbstverständlich sind saubere und kraftvolle Techniken wichtig. Doch entscheidend ist, dass ihr euch einen stärkeren Angreifer vorstellt. Ihn wollt ihr abwehren und besiegen.“
Dieser Kampf gegen imaginäre Gegner sollte in der Kata deutlich werden. Präzise, mit explosiven Bewegungen demonstriert der ehemalige Europa-Cup-Sieger einzelne Kata-Passagen. Technik trifft auf mentale Stärke. Körper, Herz und Geist lassen die Muskeln spielen. Doch sobald Kiziltoprak einen Satz beendet, heben sich seine Mundwinkel zu einem fröhlichen Grinsen. Für ihn gehören neben Disziplin auch ein gewisses Maß an Leichtigkeit zum Erfolgsrezept.
Diese Grundhaltung übertrug auch Andreas Christmann, Leistungssport-Koordinator des niedersächsischen Karateverbands, in das anschließende Sport-Karate-Training. Schnelle Schläge, präzise Tritte. Dynamik und Mobilität waren Trumpf. Mit spielerischer Leichtigkeit traten die Kinder auch auf Kopfhöhe.
Ulrike Maaß: Selbstbehauptung macht Spaß
Sich nicht nur körperlich, sondern auch emotional und mental zu behaupten und zu schützen – heute wichtiger denn je. Und so war für viele Kinder und Jugendliche das Training mit Ulrike Maaß der Höhepunkt des Tages.
Die „Selbstverteidigungs-Spezialistin“ weiß, was Selbstbewusstsein ist. Als erste Frau setzte sie sich im Deutschen Karate-Verband in den von Männern dominierten Prüfungs-Kommissionen durch. Solche Durchsetzungsfähigkeit lehrt sie auch in ihren Kursen.
Die erfahrene Kindertrainerin ermunterte die Jungs und Mädchen, ihre Stärken zu erkennen und innere Kraft zu mobilisieren. Die praktischen Übungen begannen mit der richtigen Körperhaltung: Halt, stopp – bleib mir auf Distanz.
Dann sollten die Kinder ihre Stimme erheben: Lautstarker Protest erschreckt den Gegner und ruft Hilfe herbei. In praktischen Übungen übten die Kinder einfache Tritte und Schläge, die darauf abzielten, einen Angreifer zu überraschen, sich zu befreien und davonzulaufen. Mit ganzem Körpereinsatz ging es zur Sache. „Gut, dass die „Bösen“ einen Ganzkörper-Schutzanzug tragen. Sonst würde ich nicht in deren Haut stecken wollen“, lachte ein begeisterter Zuschauer.
Volles Brett: Bruchtest mit Ingo-Seidel
Auch der Seelzer Kindertrainer Ingo Seidel weiß, was Kindern Spaß macht: Er ließ es richtig krachen!
Beim Bruchtest durften die Kinder das machen, was sie sonst höchstens aus Filmen kennen. Ein gezielter Tritt – schon flogen die Späne.
Die alten japanischen Karate-Meister ersannen ein System, nach dem sie die empfindlichsten Körperpartien eines potenziellen Angreifers am rationellsten bearbeiten konnten. Karate-Novizen erlernten damals, mit Fäusten, Handkantenschlägen oder Fußtritten gegnerische Knochen zu zerschmettern oder Nieren zu lädieren. Heute ist Karate sportlich entschärft. „Karate ist absolut defensiv“, erläuterte KCS Präsident Thomas Keese. Verletzungen sind im Karate seltener als in den meisten anderen Sportarten. Kein Wunder, dass bei Norddeutschlands größtem Karate-Club die Kinder auf der Warteliste Schlange stehen.